Das Konzert am 6. Januar 2023 des Orchesters „Ernst Hutter und die Egerländer Musikanten – Das Original“ hat Gedanken über das Glück in mir ausgelöst. Warum?
Das Glück der Musik
Das mit dem Glück ist so eine Sache. Gefühlt auf allen Social Media Kanälen propagieren Menschen Rezepte zum dauerhaften Glück. Meine persönliche Meinung: 24 Stunden am Tag Glück empfinden ist Quatsch, das wäre wie 24 Stunden auf Droge. Ich persönlich genieße einzelne Glücksmomente und dazu gehören bei mir oft musikalische. Musik erzeugt in mir, nicht immer, sondern nur wenn viele Voraussetzungen passen, Glück. Wenn ich in Musik baden kann, wie in einem Bad mit richtiger Temperatur, für mich alleine und nichts anderes dabei mache. Beim Musikspielen sowieso, da kann ich nichts anderes nebenher machen.
Ich höre zu wenig Musik
Aber Musikhören ist bei mir eine diffizile Sache, da ich es für meinen Geschmack viel zu wenig mache. Ich höre Musik nicht, während ich arbeite oder lese und beim Autofahren oder Haushaltsgedöns nur nebenbei – beim einen Ohr rein, beim anderen Ohr raus. Bei meinen FrischluftBewegungsaktivitäten möchte ich auch keinen Stöpsel im Ohr haben, denn da konzentriere ich mich auf Natur, frische Luft und meine Gedanken. Ich bin nicht multitaskingfähig und will es auch gar nicht sein.
Musikhören erzeugt Glück
So kommt es, dass ich richtigen Musikhörgenuss entweder mit meinen guten Kopfhörern auf der Couch sitzend zu selten erlebe, weil in meinem vierköpfigen Haushalt in meiner Freizeit ständig jemand etwas von mir will, beim Zugfahren, währenddessen ich aber meistens von irgendwelchen DB-Umständen genervt bin, oder eben, und das habe ich hier im Blog schon öfter geschrieben: Im Live-Konzert, in dem ich sitze – nicht am Handy rumdaddel, nicht mit jemanden spreche und nicht auf die Toilette gehe – und mich ganz auf die Musik einlassen kann. Baden in der Musik.
Öfter ins Konzert!
Wenn dann die Musik gut gespielt ist, die Stücke mich berühren, die Qualität der Technik passt, die Akustik stimmt, kein*e andere*r Zuhörer*in quatscht oder mich anderweitig nervt, wie die richtige Temperatur und der Duft des Bades, dann bin ich glücklich und weiß, ich muss meine Live-Konzert-Besuche-Frequenz wieder erhöhen (derzeit gehe ich circa ein Mal im Monat).
Vielfalt macht glücklich
So einen Moment hatte ich am Freitag, 6. Januar 2023 im Festsaal in Ingolstadt. Ich besuchte das Konzert von „Ernst Hutter und die Egerländermusikanten – Das Original“ und hatte eigentlich gar nicht vor, diesen Text zu schreiben, da ich hauptsächlich hinging, um nette Menschen des Orchesters wieder zu treffen. Wie ich schon erwähnt habe: Ich bin nicht der „hardcore traditionelle Blasmusikfan“, auch wenn ich das vielleicht als Betreiberin eines Blasmusikblogs suggeriere. Dazu hätte ich, die Vielfalt liebend und wie oben beschrieben, gar keine Zeit. In den wenigen Stunden, in denen ich intensiv Musik hören kann, muss alles unterkommen: sinfonische Blasmusik, traditionelle Blasmusik, Klassik, Jazz und einige Arten des Rocks (wie gut, dass HipHop und elektronische Musik nicht ganz so meins sind, die hätten definitiv keinen Platz mehr).
Etwas brachte mich doch auf die Palme
Beim Konzert passte alles: Guter Klang, guter Platz, gute Technik, gute Instrumentalisten (eh klar), gute Sängerin und Sänger (eh klar), ich hatte keine weite Anreise, sondern nur zehn Minuten sowie gute Stimmung. Der Saal war propevoll und die Menschen waren glücklich. Und bei diesem Punkt muss ich hier meinen Text verlinken, den ich zuletzt im Zusammenhang mit den Egerländern geschrieben hatte: Meine Reaktion auf den Blogbeitrag von Alois Schöpf, der mich, gerade wenn ich an diese Menschen voller Glück denke, erneut auf die Palme bringt. Denn, und das muss ich hier abermals erwähnen: Es muss Musik geben, die einfach die Funktion des Glücklichmachens hat und nicht zum Nachdenken anregen muss.
Keine Glück erzeugende Musik
Überwältigende Sinfonien von Shostakovitch habe ich live gehört und natürlich muss man da automatisch an die Vergangenheit der Sowjetunion und des Stalinismus denken und wenn ich heute in dieses Konzert gehen würde, würde ich wahrscheinlich weiter assoziieren und bei Putin und seinem Angriffskrieg in der Ukraine landen und den ganzen Weltschmerz, den er damit versucht hat. Darauf habe ich mal zwei Stunden keinen Bock, sondern möchte, sowie die bestimmt 800 bis 1000 Menschen, die im Ingolstädter Festsaal waren, einfach mal happy sein. Dass die Menschen glücklich waren, hat zusätzlich Glück in mir erzeugt.
Glück und Musik
Weiter Glück ausgelöst hat bei mir die Stückauswahl des Programms „Reicht euch die Hand“, bei der viele neue Kompositionen dabei waren, aber eben auch die Klassiker – in dem Fall unter anderem: Rauschende Birken, Böhmischer Wind und der Astronauten Marsch. Die vermitteln einem*r Blasmusiker*in ein Gefühl von Heimat. Bei mir nicht die örtliche (ich habe keine Egerland-Vorfahren), sondern die musikalische Heimat. Ein*e Blasmusiker*in ist zum größten Teil mit dieser Musik aufgewachsen, hat die Werke selbst oft schon gespielt – das ist einfach ein großer Unterschied zu anderen Musikgenres. Und wenn man diese Vertrautheit dann in musikalischer Perfektion, ich würde fast sagen, in einer sinfonischen Perfektion, unter tollen Voraussetzungen – nämlich in einem Konzertsaal – hört, dann passiert eins: Man empfindet Glück.