Eventim Ärger beim Mnozil Brass Konzert

Juhu, Konzert. Live und in Farbe. Vor Kurzem gastierten „Mnozil Brass“ in Ingolstadt – bei mir in der Nähe. Klar, dass ich mit von der Partie war. Wie es war, muss ich euch nicht groß erzählen – aber worüber ich enttäuscht war und was einige Recherchen im Anschluss erforderte, davon berichte ich.

Ärger beim Kartenkauf

Mit einer schöngeistigen Konzertkritik brauche ich nicht kommen, denn ihr alle kennt Mnozil Brass und wisst: Das Konzert war überwältigend. Ein wenig schade, dass wegen der Pandemie keine Konzertpause stattfinden konnte, denn im Publikum saßen viele Musiker, die ich selbst lange Zeit nicht gesehen hatte und ein Ratsch mit ihnen wäre das i-Tüpfelchen gewesen. Kultur ist eben nicht nur unterhaltend und bildend, sondern auch sozial.

Eine Person fand das Konzert übrigens nur „mittelgut“: Mein Sohn. Der wäre lieber auf der Couch liegen geblieben, um einen weiteren Film der Gelddruckmaschine „Disney Plus“ zu schauen. Dummerweise wurde er zu Live-Kultur von Mutti „gezwungen“ – und deshalb ist „mittelgut“ ein durchaus positives Fazit.

Menschen müssen Hintern von Streaming-Couch erheben

Mit Sicherheit gibt es mehr Menschen, die ihren Hintern erst wieder von der „Streaming-Couch“ hochbekommen und sich wieder an Live-Kultur gewöhnen müssen. Mit der Ticketaktion, die ich beim Kauf erlebte, gelingt dies sicher nicht – was schade für die Künstler und nachteilig für die Kultur ist. Aber von vorn:

Kartenkauf: Exakt sechs Tage vor Konzert

Am Montag vor dem Konzert (Sonntag. Sechs Tage vorher) fiel mir ein, dass meine präpandemische Abendkassenstrategie scheitern würde und es gescheiter war, Karten vorher zu ordern. Eine Pressekarte schnorren wollte ich nicht, da ich ursprünglich nicht über das Konzert schreiben wollte und ein Interview mit den Musikern erschien mir nicht sinnvoll, da ich derzeit keine zeitlichen Kapazitäten habe, es auszuarbeiten.

Automatische Weiterleitung zu Eventim

Flugs war ich mit meinem Handy auf der Seite der Kulturtage Ingolstadt (Veranstalter bzw. Kulturamt Ingolstadt) und beim entsprechenden Event. Beim Klick auf „Ticket kaufen“ wurde ich zur Ticketagentur „Eventim“ geleitet. Gut, die Tickets dort waren zwei Euro teurer als original, aber, so meine Denkweise, diese Ticketagentur muss schließlich auch von etwas leben.

Karten Mnozil Brass
Original-Preis der Karten. VVK-Gebühren schon inkludiert. Foto: Christine Engel
Eventim Preis
Bei Eventim noch mal je zwei Euro mehr für die Karte. Aber gut, Eventim muss auch von etwas leben. Screenshot: Christine Engel

Viele Plätze gab es nicht mehr und ich merkte, dass ich schnell sein musste. Nach meiner Platzwahl wurde ich aufgefordert, die Versandmöglichkeit zu wählen. Bei Eventim gibt es im Regelfall „Onlineticket zum Selbstausdruck für 0 Euro“, „Standartversand für 4,90 Euro“ und „Expressversand für 9,90 Euro“ – den wohl kaum jemand freiwillig wählt.

Keine Onlinetickets

„Bist du dumm“, dachte ich und suchte die Schuld bei mir selbst. „Zu doof, die richtige Versandart zu wählen?“ Für mich gab es bei diesem Ticketverkauf nämlich nur eine einzige Auswahl: Expressversand für 9,90 Euro. Ich scrollte und klickte und suchte. Ich wollte schließlich das Onlineticket, denn im digitalen Jahr 2021 mit QR-Codes und Smartphones braucht kein Mensch mehr vier Fetzen bedrucktes Papier, die mit einem Kurier durch die Republik gekarrt werden.

eventim versand
Nur Expressversand für mich zur Auswahl. Screenshot: Christine Engel

Versandkosten: 9,90 Euro

Keine Chance – das Konzert war für mich in diesem Moment nur erreichbar, wenn ich bereit war, 9,90 Euro für den Versand abzudrücken. Da die Plätze rar waren, klickte ich schweren Herzens auf „Kauf abschließen“. Jemand anders, der nicht so sehr an diesem Konzert interessiert gewesen wäre, hätte dies nicht getan. Lieber hätte ich die 9,90 Euro direkt den Künstlern zukommen lassen.

Rechnung
Hier sieht man nochmal: Den Originalpreis der Karten, je zwei Euro pro Karte Gebühr für Eventim und die 9,90 Euro Versandkosten. Screenshot: Christine Engel

Nachfrage bei Eventim

Aber nur aufregen und motzen bringt nichts, also fragte ich nach. Am folgenden Tag kontaktierte ich die Presseabteilung von Eventim. Frage: „Warum muss ein Kunde sechs Tage vor dem Konzert „Expressversand“ wählen und „Warum gab es nicht die Option des Onlinetickets, das schließlich schneller da ist als jeder Expressversand der Welt?“

Antwort fünf Tage später

Ein Tag nach dem Konzert – fünf Tage nach meiner Presseanfrage –  war mein ursprünglicher Text fertig und ich wollte schreiben. „Keine Antwort von Eventim“: Plötzlich klingelte mein Telefon. Ein Herr von Eventim erklärte mir, die Ticketagentur könne nichts dafür. Die Veranstalter würden ihre Versandoptionen selbst einstellen und den Zeitraum selbst wählen, ab wann nur noch „Expressversand“ möglich ist, der eine rechtzeitige Zustellung der Karten gewährleistet. Da habe wohl der Veranstalter einen zu frühen Zeitpunkt eingegeben, so der Herr am Telefon.

Eventim: Schuld liege beim Veranstalter

Und warum es keine Online-Tickets gab? Dazu müsse der Veranstalter die technischen Möglichkeiten wie QR-Code Scanner haben, um diese Versandart anzubieten. Ich hakte nach: Also Online-Tickets werden nur nicht angeboten, wenn der Veranstalter keine QR-Code-Scanner oder anderen technischen KlingBim hat? Antwort: Ja. Er entschuldigte sich bei mir, erstattete mir fünf Euro, dass ich quasi nur noch den Standartversand bezahlte und schenkte mir darüber hinaus einen 15 Euro Gutschein.

Nachfrage beim Veranstalter

Ok, so mein Gedanke, das mag sein, aber wenn Eventim die Schuld dem Veranstalter in die Schuhe schiebt, dann muss ich den Veranstalter damit konfrontieren und ihm die Möglichkeit für ein Statement geben. So kontaktierte ich das Kulturamt der Stadt Ingolstadt und kam dort mit der Mitarbeiterin „Urbankultur“ in Kontakt.

Veranstalter kann Zeitpunkt des ausschließlichen Expressversand nicht steuern

Sie erklärte mir, dass sie als Veranstalter keinen Einfluss bei der einzelnen Veranstaltung auf den Zeitpunkt des ausschließlichen Expressversandes habe. Wenn sie als Veranstalter ein Event erstelle, gebe es für sie bei Eventim keine Funktion, pro Konzert den Zeitraum zu beeinflussen, ab wann welche Versandart gilt. Die Option des Onlinetickets gebe es für ihre Konzerte deshalb nicht, weil diese bei Vertragsabschluss, der schon länger her ist, nicht aufgenommen wurde.

Veranstalter hat Ende des Jahres neuen Ticketanbieter

Man könne die Option „Online-Tickets“ schon mitaufnehmen, dann würde sich aber ihr Vertrag mit Eventim automatisch um zwei Jahre verlängern. Allerdings lässt die Stadt bzw. das Kulturamt den Vertrag mit Eventim zum Ende des Jahres auslaufen und wird in Zukunft mit einem anderen Ticketservice zusammenarbeiten. Mit diesem werde es Online-Tickets geben. Denn, so sagte sie: „Es gibt nichts Besseres als Online-Tickets“.

Stichprobe: Sechs Tage vorher – 9,90 Euro

Im Anschluss machte ich eine Stichprobe von zehn Konzerten zwischen Bremen und Oberstdorf, die ab diesem Zeitpunkt sechs Tage später stattgefunden haben werden: Bei einigen war das Online-Ticket zur Auswahl, da fiel der Preiswucher nicht auf. Aber bei all diesen Konzerten gab es, wenn man ein Papierticket bestellen wollte, keinen Standartversand für 4,90 Euro mehr, sondern nur noch den Expressversand für 9,90 Euro. Ein Konzertbeispiel, bei dem es kein Online-Ticket gab: Das Konzert des „Dresdner Akkordeonorchesters“ sechs Tage später. Ticketpreis 16 Euro, Versandkosten: 9,90 Euro. In dieser Zeit kann ich von Ingolstadt nach Dresden laufen. Die normale Post braucht zwei bis drei Tage. Kein Mensch braucht sechs Tage vorher einen Expressversand.

Gegenprobe: Sieben Tage vorher – 4,90 Euro

Die Gegenprobe: Bei zehn Konzerten, die ab diesem Zeitpunkt sieben Tage später stattgefunden haben werden, gab es den Standartversand für 4,90 Euro. Mein Fazit, das ich daraus interpretiere: Bei Eventim geht der ausschließliche Expressversand offensichtlich sechs Tage vor dem Ereignis automatisch los. Nochmal zur Erinnerung: Eventim erzählte mir telefonisch (s.o.), die Ursache liege ausschließlich am Veranstalter und erstattete mir den Differenzbetrag zwischen 4,90 Euro und 9,90 Euro.

Konzertbesucher werden vergrault

Nun könnte ich noch weiter recherchieren. Aber im Moment kann ich nur sagen: Schade für die Künstler. Denn mit Versandkosten von 9,90 Euro vergrault man bestimmt den ein oder die andere Konzertbesucherin oder Konzertbesucher.

Ein Kommentar

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