Stefan Huber: Kapelle So&So, LaBrassBanda und politisch-philosophische Gedanken

Stefan Huber traf ich 2019 im Hofbräuhaus. Es entstand eines meiner letzten Texte für das Magazin „Clarino“ bzw. „Brawoo.“ Dieses Porträt stelle ich euch hier zur Verfügung. Im Juli 2021 trafen wir uns erneut. Denn in der Zwischenzeit war viel passiert und deshalb habe ich den alten Text erweitert. Wollt ihr nur über das Leben ab 2021 von Stefan Huber lesen, klickt hier und ihr springt direkt dorthin.

Von einem, der unverkrampft und originell die Dinge in die Hand nimmt

Er redet gern. Das sagt er nicht nur von sich selbst – beim persönlichen Treffen im Bräustüberl des Hofbräuhaus merkt man das sofort. Da er aber nicht nur redet, sondern auch was zu sagen hat, macht das persönliche Interview mit Stefan Huber viel Spaß und geht gleichzeitig in die Tiefe. Denn man erfährt nicht nur Einiges über den Musiker Stefan Huber, sondern besonders über den Menschen Stefan Huber. Ein Mensch, der immer sehr unverkrampft an die Dinge im Leben herangeht und vielleicht gerade deshalb so erfolgreich ist. Ein Typ, der sich mit gesundem Menschenverstand politisch engagiert und sich für die kulturelle sowie musikalische Vielseitigkeit einsetzt.

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Stefan Huber während eines Auftritts mit der Kapelle So&So. Foto: Irmi Sinnesbichler

Das Hofbräuhaus ist wie für viele BlechblasinstrumentalistInnen kein unbekannter Ort für Stefan Huber. Er ist im Pool der Musiker der Familie Obermüller, die die Musik in Deutschlands bekanntesten Gasthaus organisiert. „Es wird tendenziell weniger, aber ab und zu spiele ich noch hier“, sagt er und bezahlt mein Mineralwasser mit den hauseigenen Biermarkerln. Heute hat er seine Tuba dabei und ist traditionell gekleidet, da er später noch mit einem Trio einen Auftritt haben wird. In München hat er schon immer viel gespielt. Zehn Jahre auf dem Oktoberfest im „Winzerer Fähndl“. Insgesamt 170 Tage Wiesn am Stück. Irgendwann lies es die Zeit nicht mehr zu und außerdem setzt er ein Statement: „Als das mit dem Gabalier angefangen hat, musste ich aufhören. Diese Lieder will ich nicht spielen.“

Statt Fridays for Future – Mondays for Blasmusik

Das erste Mal war er 16 Jahre alt und spielte erst drei Jahre Tuba, als er die kompletten zwei Wochen auf der Wiesn muggte. Dafür hatte er vom Schuldirektor extra frei bekommen. Die Schule, das Karlsgymnasium in Bad Reichenhall, war sowieso an manchen Tagen eher zweitrangig für Stefan Huber. An einigen Vormittagen ging er lieber ins Probelokal der Musikkapelle Aufham zum Üben. „Ich weiß nicht, ob man das jetzt so schreiben kann. Obwohl – jetzt ist das Schuleschwänzen ja ein bisschen populärer geworden.“ Statt „Fridays for Future“ war es bei Stefan „Mondays for Blasmusik“.

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Stefan Huber in jüngerer Version mit Ziach. Foto: Archiv Stefan Huber

Stefan Huber und Sebastian Höglauer: Brüder im Geiste

In der Musikkapelle Aufham hatte nicht nur Stefan Huber seine Wurzeln. Sebastian Höglauer stammt ebenfalls aus diesem Verein: Die Beiden sind gut befreundet und spielen viel miteinander. Unter anderem bei den „Holzfrei Böhmischen“ und bei der „Kapelle So&So“. „Der einzige Unterschied zwischen uns ist: Er – Egerländer. Ich – La Brass Banda. Ich brauche den Wasti nicht mal anschauen und ich weiß genau, was er spielt. Das ist saucool, dass wir mittlerweile schon fast 20 Jahre miteinander Musik machen.“

Stefan Huber: Geboren 1987

Stefan Huber ist drei Jahre älter als Sebastian Höglauer. Er wurde 1987 nahe Freilassing geboren und wuchs dort in einem Dorf am Waldrand auf. Jetzt lebt er direkt in Freilassing in einer WG (Stand 2019, mittlerweile ist er umgezogen) mit seiner Freundin und einem weiteren Pärchen. Mit sechs Jahren lernte er Steirische. Der nächste Nachbar, er wohnte 200 Meter entfernt von Stefans Elternhaus, war Tubist in der Musikkapelle und der sagte öfter zu Stefan: „Du wirst mal mein Nachfolger.“ So fing er mit 13 Jahren eben bei diesem Nachbarn an und bekam kurz darauf Unterricht von Rudi Egner, der am Musikum Salzburg unterrichtete.

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Im Wirtshaus mit Cola. Foto: Privatarchiv Stefan Huber

Mnozil Brass: Jugendgötter

Der Wunsch Musik zu studieren war früh da, obwohl Stefan eigentlich nicht wusste, was das konkret bedeutet. „Klassik kannte ich nur von der Schule und von Orchesterstellen hatte ich noch nie was gehört,“ gibt er zu. Die Bruckneruni in Linz war die einzige Hochschule, an der er sich bewarb. Denn dort unterrichtet Wilfried Brandstötter von Mnozil Brass. „Mnozil Brass waren meine Jugendgötter. Als ich die zum ersten Mal gehört hatte, hat das mein Leben verändert.“ Stefan Huber wollte nur zu Wilfried Brandstötter. „Ich hatte den Aspekt, dass der mich nicht nimmt, gar nicht auf dem Schirm gehabt.“ Brandstötter nahm ihn – und ließ ihm seine Freiheiten. „Ich habe sogar nach Brasilien fahren können, um dort ein Oktoberfest zu spielen. Da wäre er eher beleidigt gewesen, wenn ich das nicht gemacht hätte“, erzählt er über seine Studienzeit.

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Jung und brillenlos: Stefan Huber und meine Wenigkeit im Jahr 2019. Foto: Christine Engel

Nicht Stefans Auffassung von Musik

Erst im Studium erfuhr Stefan Huber, dass das Hauptziel eines Musikstudenten das Orchester sei. Die Orchesterstelle ein Lottosechser, die Musikschulstelle nehme den zweiten Platz ein und weit abgeschlagen in der Reputationsliste komme der freischaffende Musiker. All das, so Stefan Hubers Gefühl, sei unter den Studenten propagiert worden. „Ich habe dann die Orchesterstellen bis zu einem gewissen Grad geübt und relativ schnell festgestellt, dass mir das keinen Spaß macht, immer wieder die gleiche Zeile zu üben. Das war nicht meine Auffassung von Musik.“ Er probierte deshalb während seines Studiums viel aus und spielte in vielen Bands und Besetzungen, um möglichst viele Stile kennenzulernen. „Mein Vorbild blieb immer Mnozil Brass: Rumtouren, verschiedene Orte, viele Leute, die wegen einem und seiner Musik kommen und vor denen man seine Musik machen kann. Das hat mich immer viel mehr gereizt als Orchester.“

Wie Stefan Huber zu LaBrassBanda kam

La Brass Banda kannte er zu dieser Zeit schon. Als Zuhörer. „Zum ersten Mal erlebte ich die Band vor dem Tabakgeschäft in Freilassing. Das war in ihrer Anfangszeit, als sie ihre Mofa-Tour unternahmen.“ Stefan Huber war gerade mit seinem Studium fertig, als seine Mailbox eine Nachricht gespeichert hatte. Im Sommer 2013 war das und er hätte nach Melbourne zum Masterstudium gehen können. Er hörte die Nachricht ab und hörte die Stimme von Stefan Dettl: „Servus, ich habe deine Nummer vom Weber Korbi.“ Stefan Huber hörte sich die Ansage fünf Mal hintereinander an und fuhr später zum La Brass Banda – Chef. Dort aß er mit ihm Spagetti.  

Stefan Huber La Brass Banda
LaBrassBanda. Stefan Huber mittig stehend. Foto: Sonja Herpich

Vor der ersten Probe hörte sich Stefan Huber alle CDs an und machte sich haufenweise Notizen auf einem Block. Den brauchte er dann nicht. „Wir haben einige Sachen gespielt, die der Andi Hofmeier so gespielt hatte. Aber ich habe relativ schnell meine eigenen Sachen reingebracht. Denn wenn man kopiert, kann man nur verlieren.“ Am darauffolgenden Tag ging es direkt nach Berlin und Hamburg, von wo das Konzert direkt von Arte aufgezeichnet wurde. Der Rest ist Geschichte – seine Unterrichtsstelle beim Salzburger Musikum musste er bald aufgeben, denn die stand im krassen zeitlichen Widerspruch zu seinem neuen Job.

Unverkrampft ist das Zauberwort

Für den jungen Mann, der sich nach seiner Schulzeit nicht ausmalte, was ein Musikstudium bedeutet, lief es reibungslos. Er sagt: „Wenn man unverkrampft an die Sache ran geht, ist das meist besser.“ Er gibt auch zu: „Natürlich kann ich weise in meine privilegierte Vergangenheit schauen. Aus meiner Position ist das sehr einfach zu sagen. Trotzdem bin ich der festen Überzeugung: Man soll nicht alles so ernst nehmen. Wenn man gut ist und viel übt, wird man immer was zu tun haben.“

Stefan Huber: Sein Beruf ist kein Job

Stefan Huber sieht seinen Beruf nicht als Job.  „Klar, muss ich mein Geld verdienen, aber Musik ist das allerliebste, was ich mache.“ Deshalb ist er immer mit ihr beschäftigt und es gibt kaum eine Zeit, in der er „nichts macht“. Denn sonst bekommt er ein schlechtes Gewissen. In seinem Keller hat er ein Studio eingerichtet, wo er ausprobiert und arrangiert. Selbst heute, am Interviewtag, ist er schon um 7 Uhr aufgestanden, um im Keller ein Cover eines österreichischen Liedes aufzunehmen. Seine Freundin, mit der er seit vier Jahren zusammen ist, habe für all das großes Verständnis, obwohl, so behauptet er, es nicht immer einfach mit ihm sei. „Wenn ich vom Studio hochkomme und sie mir von ihrem Tag erzählt, sage ich mir oft: Huber, konzentrier dich und hör gescheit zu und denk nicht schon wieder daran, was du morgen an deinem Arrangement ausbessern kannst.“

Wunsch: Gesellschaft mit gesundem Menschenverstand

Stefan Hubers weitere Leidenschaft ist das Lesen. Nicht im Tourbus, da hat er keine Zeit. „Da sitzen wir zusammen und ratschen.“ Die Lesezeit nimmt er sich im Zug, womit der autolose Tubist überall hinfährt. Derzeit (2019) liest er „GRM Brainfuck“ von Sybille Berg und davor war es „Herr Sonneborn geht nach Brüssel“ von Martin Sonneborn, EU-Abgeordneter und Mitglied von „Die Partei“. In die ist jetzt auch Stefan Huber eingetreten. „Das ist zwar eine Satirepartei, aber wenn man ehrlich ist, kann man das Ganze nur noch über Satire lösen.“ Er kritisiert den Kapitalismus scharf und ist sich sicher, dass dieser scheitern wird. „Der Kapitalismus ist ein Komapatient, der künstlich am Leben erhalten wird.“ Als Beispiel dafür nennt er die Automobilindustrie, die durch Abwrackprämien und ähnliches unterstützt wird. Und im Gegenzug dazu blickt Huber auf Hartz-4 Bezieher, denen die Leistungen gekürzt werden. „Wenn du dein altes Auto weggibst und ein neues Auto kaufst, bekommst du 1000ende Euro vom Staat. Aber wenn du nichts hast und beispielsweise ein Formular zu spät abgibst, werden dir deine Leistungen gekürzt.“ Er betont: „Ich habe keine radikalen Ansichten. Ich sage nicht, alles müsse verstaatlicht werden und wir müssten in die DDR zurück. Aber man muss es mit einem gesunden Menschenverstand anpacken.“

Plastiktüten, Steaks aus Argentinien: Muaß des sei?

Den gesunden Menschenverstand setzt er auch beim gesellschaftliche Konsumverhalten ein: „Muss man sich jeden Tag ein Packerl bestellen? Muss man ein 500 Gramm Steak essen, das aus Argentinien rüber geflogen wird? Muss man Plastiktüten benutzen? Man kann da sofort vor seiner eigenen Haustüre anfangen zu kehren und braucht nicht sagen: Ich kann nichts machen. Das ist lächerlich. Das ist Faulheit und eine dumme Ausrede.“ Parteien am rechten Rand sind für Stefan Huber und La Brass Banda sowieso ein No-Go und das artikulieren sie auch auf ihren Konzerten. „Man muss sich distanzieren von gewissen Sachen und da haben wir klare Linie“. Angst hat er um die Kultur. „Nationalisten, Faschisten und rechte Leute haben nichts über für Kultur. Die war denen schon immer wurscht.“

Stefan Huber kritisiert Zerstörung der Vielseitigkeit

Kultur verbindet Stefan Huber mit Vielseitigkeit. Er kritisiert den Bayerischen Rundfunk insbesondere mit seinen Formatradiosendern Bayern 1 und Bayern 3. „Da geht die Vielseitigkeit kaputt. In den Statuten steht, der Öffentlich-rechtliche Rundfunk habe ein Bildungsauftrag. Der wird mit Bayern 1 und Bayern 3 nicht erfüllt.“ Deshalb engagiert sich Stefan Huber bei zwei Radiosendern als Moderator von Radiofrühschoppen: Der Bayernwelle Südost und Radio Buh. Radio Buh wurde von Stefan Dettl gegründet und vertritt die Philosophie der Vielseitigkeit. „Da wird erst die Fuchsgraben Polka gespielt und anschließend Stairway from Heaven von Led Zepelin. Warum denn nicht? Das wichtigste an der Musik ist doch, dass es einen emotionalen Ausschlag gibt. Ob negativ oder positiv. Das kein großer Unterschied. Das Gegenteil ist das Schlimmste: Gleichgültigkeit!“

Stefan Huber im Jahr 2021

Mittlerweile schreiben wir das Jahr 2021, es ist in der Zwischenzeit viel auf der Welt passiert und Stefan und ich sitzen wieder in München – dieses Mal nicht im Hofbräuhaus sondern im Löwenbräu-Biergarten. Stefan hat während der Pandemiezeit mit der Kapelle So&So den Notenverlag und das Label so richtig auf Vordermann gebracht und über diese Entwicklung und das Konzept des So&So Notenverlags habe ich einen separaten Blogbeitrag geschrieben, den Ihr unter diesem Link lesen könnt.

Stefan Huber christine Engle 2021
Etwas gealtert (also die weibliche Person). Stefan Huber und meine Wenigkeit beim zweiten Treffen. Foto: Christine Engel

Ich möchte allerdings, wenn wir uns schon mal wieder sehen, noch mehr über den Menschen Stefan Huber erfahren und sein Porträt von 2019 erweitern, denn auf Facebook oder Instagram, das in der Pandemie viele Künstler nutzten, erfährt man wenig über ihn. Er ist kein Selbstdarsteller. „Ich habe mir schon oft vorgenommen, eine Story oder einen Post über mich zu machen. Aber ich schaffe es einfach nicht“, gibt er zu. „Wahrscheinlich würde ich ein gutes Feedback bekommen, aber ich bekomme es nicht hin. Schon das Teilen fällt mir schwer. Die Aufmerksamkeit auf meine private Person, das ist nicht so meins. Auf der Bühne ist es mir wurscht, da passt es.“ Ihm falle es leichter, über sein Kollektiv – den Freunden von So&So – zu sprechen. „Da habe ich kein Problem, die Sache zu vermarkten und positiv darzustellen.“

Social Media: Zweischneidiges Schwert

Er sieht Social Media als eine zeitraubende und anstrengende Arbeit und ist froh, dass die bei So&So Korbinian Weber übernimmt. Stefan Huber sieht Social Media- und Streaming-Kanäle als zweischneidiges Schwert, denn er befürchtet, dass durch die vielen Inhalte und die vielen schnellen Wechsel, der Wert des einzelnen Contents verloren geht. Der Wert der Kultur nehme ab. „Einerseits ist das mit Spotify ein Traum. Was war das früher ein Hackmac? Meine Eltern sind früher wegen einer Schallplatte nach München gefahren. Jetzt kannst du alles anhören. Wissen und Bildung sind immer griffbereit.“ Allerdings, so mahnt er: „Kultur darf nicht zum Nulltarif verschachert werden.“

Kapelle So&So
Stefan und seine Freunde von der Kapelle So&So. Foto: Kapelle So&So

Wir vergleichen alte Filme mit Musikhören. „Bei alten Filmen steht oft über lange Zeit die gleiche Perspektive. Das ist man überhaupt nicht mehr gewohnt. Auch bewusst Musik hören – das machen nur noch wenige Menschen.“ Stefan selbst sitzt gerne stundenlang mit seinem Kopfhörer da und macht nichts anderes als Musikhören. „Das zählt für mich wie Üben und geht in die aktive Übezeit rein.“ Bei diesem Punkt sind wir uns einig, dass Musikhören als Livestreamkonzert vor dem Computer niemals ein echtes Konzert ersetzen kann, bei dem man sich auf nichts anderes konzentriert als auf die Kunst. Wo wir bei Corona und Stefans Lebenseinstellung angelangt sind.

Notenverlag und Label

Wie alle anderen Künstler war er irritiert, dass Fußball aber nicht Musik gespielt werden durfte. Seiner Meinung liege das daran, dass Fußball eine starke Stimme in der Politik habe und Musiker bzw. Künstler keinen gemeinsamen Verband und keine gemeinsame Lobby haben. Trotz aller widriger Umstände verzweifelte Stefan nicht und steckte seinen Kopf nicht in den Sand. Er gründete mit seinen fünf Freunden der Kapelle So&So einen Notenverlag und ein Label.

Veränderungen gehen nicht ohne Nachteile für die Wohlstandsgesellschaft

Dass man selbstständiger Unternehmer ist, dabei schaut, dass man finanziell überleben kann und trotzdem den Kapitalismus bzw. das liberale Wirtschaftssystem und seine Auswüchse kritisch sieht – das muss kein Widerspruch sein. „Mit nett fragen wird es nicht gehen. Bei der Umwelt müssen knallharte Verbote her,“ findet er mit Hinblick auf die nächste Bundestagswahl. „Wenn die Politiker sagen, esst bitte weniger Fleisch aus Massentierhaltung oder fahrt bitte mit dem Radl und weniger mit dem Auto, dann wird das nicht funktionieren. Denn jeder ist stinkfaul und wenn der Mensch einen minimalen Nachteil hat, dann ist es ihm schon zu viel.“ Es sei ein Irrglaube, dass man was verändern könne, ohne dabei einen Nachteil zu haben. Das werde falsch kommuniziert. „Ohne Nachteile für unsere Wohlstandsgesellschaft wird es nicht gehen.“ Und jeder könne im Kleinen etwas ändern.

Ändern kann man nur etwas, indem man bei sich selbst anfängt

Er findet, Menschen sollten nicht nur jammern und auf die Regierung oder Politiker schimpfen. Denn das System sei ein eingefahrenes Konstrukt. „Wenn du was ändern willst, dann versuche es selbst von unten nach oben. Engagiere dich, lass dich zum Beispiel für den Gemeinderat aufstellen,“ rät er.

Vorschlag: Ein umfassendes Kultursubventionierungskonzept

Wenn Stefan und ich schon bei Politik und Engagement angelangt sind, schlagen wir die Brücke zum Thema Kultur. „In Bayern haben wir das Brauchtum, das geschieht über das Ehrenamt. Und dann haben wir die Hochkultur und Klassik in München und Nürnberg, die subventioniert wird. Dazwischen passiert nicht viel. Da wäre Corona eine Chance gewesen, das zu überdenken.“ Was er damit meint: Ein umfassendes Kultursubventionierungskonzept, das alle Bereiche der Kultur bis hin zur Punkband aus Niederkaltenkirchen berücksichtigt. „Eine Punkband auf dem Land hat es nicht mal leicht, an Auftrittsmöglichkeiten zu kommen – jetzt, wo noch die ganzen Wirtshäuser schließen“, gibt er zu bedenken. „Das sind schließlich die Bühnen, auf denen man die ersten Erfahrungen macht.“ 

Aus jeder Situtation das Beste

An einer Kulturform unserer Gesellschaft übt Stefan Huber starke Kritik: An der Fehlerkultur. „Jeder Fehler ist bei uns ganz schlimm“, stellt er fest. „Mich stören Fehler überhaupt nicht, außer die vermeidbaren Fehler, wenn man nicht bei der Sache ist. Aber wenn ich zum Beispiel in der Musik einen Ton verschieße, weil ich etwas voll riskiere, dann stört es mich nicht.“ Er findet es „ekelhaft“, wenn Menschen extra darauf warten oder sich freuen, dass andere einen Fehler machen. Er selbst gibt jedem Menschen erstmal einen Vertrauensvorschuss und ist nett zu jedem. Einteilen tut er die Menschen nur in ihre Grundhaltungen. Für ihn gibt es die „Grund-Positiven“ und die „Grund- Negativen“. „Der eine macht aus jeder Situation das Beste, der andere schafft es nicht, aus der besten Situation das Negative auszublenden.“ Nicht schwer zu erraten, zu welcher Gruppe Stefan Huber selbst  gehört.

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