Jaroslav Labsky: Von der Muse mit Kaffee, Zigaretten und Sport geküsst

Jaroslav Labsky fehlt in wenigen Marschbüchern, denn er ist Komponist des „Olympia“ Marsches. Zum 70. Todestag von Jaroslav Labsky (27. November 1875 – 28. Oktober 1949) habe ich diesen Beitrag für die „Mucke“ geschrieben und veröffentliche ihn nun auf www.vontutenundblasen.de

Jaroslav Labsky: Schöpfer des „Olympia“ Marsches

Durch den „Olympia“ Marsch kennt man ihn. Aber ob Jaroslav Labsky ihn anlässlich einer Olympiade komponiert hat, ist leider nicht bekannt. Wie so vieles nicht. Denn vielleicht kann man Jaroslav Labsky im entferntesten Sinne und überraschenderweise sogar als „Brass-Band-Pionier“ bezeichnen.

Deshalb habe ich ein wenig gestöbert und doch einige Informationen über den Komponisten anlässlich seines 70. Todestages ausgegraben. Auch das Kaffee und Zigaretten wohl die Kreativität fördern und nicht im Widerspruch zum Sport stehen.

Weitere Märsche: Fußball-Marsch, Sportler-Marsch

Jaroslav Labsky hat den „Olympia Marsch“ 1914 komponiert, deshalb könnte eine Vermutung sein: In diesem Jahr wurde die Olympische Flagge, so wie wir sie heute kennen, in Paris bei einer Versammlung des Internationalen Olympischen Komitees eingeweiht. Wer weiß, vielleicht hat sich Jaroslav Labsky davon inspirieren lassen. Er soll nämlich ein sehr politisch interessierter und dazu sportlicher Mensch gewesen sein. So erzählte es Labskys Schwiegertochter Vlasta Labska in den 1980er Jahren der „Frantisek Kmoch Czech Bands Society“.

jaroslav labsky
Die tschechische Musikzeitschrift „Dechovka – to je nase“ übsetzte diesen Text für die Januarausgabe 2020 ins Tschechische. Foto: privat

Bis kurz vor seinem Tod lief der langjährige Witwer regelmäßig mindestens zehn Kilometer und komponierte weitere Märsche wie den „Fußball-Marsch“ oder den „Sportler-Marsch“, die 1930 auf Schallplatte aufgenommen wurden, aber heute nicht mehr bekannt sind. Wie so viele Kompositionen von Jaroslav Labsky. Er soll im Akkord gearbeitet und so mehrere hundert Stücke geschaffen haben, die er aber schnell verschenkte oder weitergab. Eine Liste, Archiv oder einen Katalog führte er nicht. Sein Sohn, Jaroslav Labsky II (1913 – 1979) wird mit den Worten zitiert: „Er war ein Musiker und Komponist, kein Geschäftsmann.“ Komponiert hat er am liebsten mit einem schwarzen Kaffee und einer Packung Zigaretten.

Jaroslav Labsky und Julius Fucik

Jaroslav Labsky wurde am 27. November 1875 in Praskacka, in der Nähe des früheren Königsgrätz geboren. Sein Vater Josef (1815 bis 1896) war ein Dorflehrer, Amateurorganist und Flötist, der einige kirchliche Werke komponiert hat. Bei ihm nahm Jaroslav seinen ersten Musikunterricht und später studierte er Musik in Prag, wo er unter anderem auch mit Julius Fucik zusammentraf. Seine Studien schloss er 1903 im mährischen Olmütz ab, wo er im 18. Infanterie Regiment militärisch stationiert war.

Auch Gitarrenvirtuose

Jaroslav Labsky spielte viele Instrumente, aber seine Hauptinstrumente waren Klarinette und Fagott. Auch ein echter Gitarrenvirtuose soll er gewesen sein. Während seiner Studienzeit muckte er in vielen Ensembles in Russland, Bulgarien und der Türkei. Dass er ein lustiger und humorvoller Kerl gewesen sein muss, beweist eine Erzählung eines Musikerfreundes, der mit ihm 1894 im türkischen Izmir während eines Empfangs für einen Offizier des k.u.k Heeres auftrat. „Jarda“, so sein Spitzname, spielte im Orchester Klarinette. Nach einer Ouvertüre öffnete sich der Vorhang, ein Sänger erschien und wollte beginnen. Gleichzeitig stand Labsky auf, sang und stahl dem Sänger die Show. Da Publikum war begeistert und so ließ der Direktort ihn weitersingen und als er mit seiner Perfomance fertig war, nahm er wieder seine Klarinette zur Hand und tat, als wäre nichts gewesen.

Auch Fagottvirtuose

Als er von seinen Ost-Abenteuern wieder zurück war, startete er eine Karriere in der Militärmusik des k.u.k-Heeres. Zunächst trat er dem Orchester des 18. Infanterie-Regiments als Fagottist bei, das zu dieser Zeit in Theresienstadt und ab 1899 in Olmütz stationiert war. Im Dezember 1900 wechselte Labsky zum Infanterie-Regiment 99 nach Znaim, wo er es allerdings nur ein Jahr aushielt und 1901 zurück nach Olmütz zu den 18ern kehrte. Seinen nächsten Karriereschritt ging er 1906 – nach Wien zum 84. Infanterie-Regiment.

Jaroslav Labsky: Erster Dirigent eines Landwehr-Regiments in Wien

Am 10. Dezember 1908 offenbarte sich ein Schlüsselerlebnis in Labskys Leben. Er wurde Dirigent des ersten Orchesters eines Landwehr-Regiments in Wien. Die Landwehr existierte in den österreichischen Ländern parallel zum k.u.k Heer, das die Wehrfähigen aller Länder umfasste. Die Landwehr dagegen war ursprünglich für innere Verteidigung bestimmt und hatte zunächst keine Musik.

Erste Brass Band Österreichs?

Mit einem bestimmten Erlass vom 28. Juli 1908 wurden Signalhörner eingeführt und pro Landwehrkompanie vier Signalhörner besetzt. Da der Erlass gleichzeitig die Vereinigung dieser Kompaniehornisten zu Bataillons- und Regiments-Marschmusiken vorsah, war die Gründung eines Orchesters möglich. Allerdings wurden nur Blechblasinstrumente besetzt, so dass die Landwehrkapellen reine Blechbläserensembles ohne Schlagzeug waren.

Repertoire gesucht

Um Stücke für diese Besetzung zu finden, wurde 1909 ein Wettbewerb veranstaltet. Mit großem Vorsprung landete dabei Jaroslav Labskys Marsch „Mutig voran“ auf dem ersten Platz. Während seiner fünfjährigen Amtszeit bei der Landwehr schrieb er einen weiteren Marsch für diese Besetzung: „Hoch die Landwehr“.

Olympia Marsch: Jaroslav Labsky komponierte ihn in Zagreb

Im Februar 1914 verließ Labsky die Landwehr und wurde Kapellmeister beim 37. Infanterie-Regiment in Zagreb. Dort komponierte er seinen berühmtesten Marsch: Den „Olympia-Marsch“.

Jaroslav Labsky lebte von 1925 bis 1928 in Kutna Hora

1918 war das k.u.k Heer mit all seinen Infanterieregimentern Geschichte und die tschechischen Kapellmeister wurden zum größten Teil in das Heer der Tschechoslowakei eingegliedert. So auch Jaroslav Labsky. Seine erste Station dort war das Garnisonsorchester in Kutna Hora, östlich von Prag. Er verließ die Armee 1923, blieb aber weiter in Kutna Hora wohnen, wo er dann von 1925 bis 1928 das dortige philharmonische Orchester dirigierte.

Schallplattenaufnahmen, Radioaufzeichnungen, Erfolg

1929 wurde er nach Prag geholt, um das dortige Orchester der Nationalgarde zu dirigieren. Da die Nationalgarde eine ähnliche Aufgabe hatte wie seiner Zeit die Landwehr in der k.u.k Monarchie, war man der Meinung, Labsky wäre der richtige Mann für diese Aufgabe. Während der folgenden neun Jahre, also bis kurz vor dem zweiten Weltkrieg, wurde Labsky mit diesem Orchester einer der erfolgreichsten Dirigenten des Landes, mit dem zahlreiche Schallplattenaufnahmen und Radioaufzeichnungen entstanden.

Neun Märsche auf „Heritage of the March“

Extrem produktiv zeigte sich Labsky auch im Komponieren und er fertigte zahlreiche Manuskripte an, von denen heute viele verloren gegangen sind. Es entstanden nicht nur kommerziell erfolgreiche Märsche wie „Olympia“, „Mutig voran“ oder „Meletta-Marsch“, sondern auch Polkas wie „Nasi, vasi“ und „Ninetta“, Waltzer wie „Pro panenky“ oder die Serenade „Majovy sen“. Zwischen 1977 und 1988 wurde in den USA die Reihe „Heritage of the March“ aufgenommen, die aus 185 Schallplatten besteht. Auf Nummer 77 und Nummer 78 sind insgesamt neun Märsche von Jaroslav Labsky zu hören.

Hat euch dieser Beitrag gefallen. Ein weiteres Porträt über einen tschechischen Komponisten lest ihr über Vladimir Fuka und seine Slavonicka Polka. (Klick auf Link).

6 Kommentare

  1. Der Marsch wurde bereits 1913 auf Schellack aufgenommen, daher muss der Marsch vor 1914 komponiert worden sein.
    Kapelle des K. u. K. bosn.-herzeg. Inft.- Regts. Nr. 1, Wien im Plattenkatalog Columbia 1913

  2. Toller Artikel. In einem Notenheft des Musikverlages Michael Steranka befindet sich an 24. Stelle der Marsch „Slávy syn“ von Jaroslav Labsky. Ich hab mal gegoogelt aber keine weiteren Informationen oder Aufnahmen zu dem Marsch gefunden. Schade…. Vielen Dank für die tollen Artikel.

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